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Veröffentlicht am 10­.06.2014

10.6.2014 - Süddeutsche Zeitung

Es fehlen neue Brücken

zur Berichterstattung zum Katholikentag:

Katholische Baustelle

Das offizielle Logo des 99. Katholikentags in Regensburg zeigte eine stilisierte Brücke, die sich aus händehaltenden Menschen zusammensetzt, wobei die Verbindung ihrer Arme die Brückenbögen formen. Das mag an sich eine ganz clevere Idee sein, musste aber dem aufmerksamen Beobachter letztendlich als missglückte Allegorie erscheinen. Denn die Steinerne Brücke zu Regensburg, auf dessen Architektur das Logo anspielt, wird derzeit restauriert, zum Leidwesen vieler Touristen und wohl auch Katholikentagspilger. Statt eine kulturell hochwertige Überquerung der Donau über das mittelalterliche Bauwerk zu genießen, muss man dieser Tage mühsam über knarzend hölzerne Behelfsstege manövrieren, um ans Ziel zu gelangen. Der Weg geradeaus, in Richtung sonniger Erleuchtung auf der anderen Seite der mit Planen und Gerüsten verdeckten Brücke, wird durch zahlreiche physische Hindernisse und falsch auslegbarer Beschilderung erschwert, ja gar unbeschreitbar gemacht. Es sollte also deutlich rationaler erscheinen, doch auf die moderne, zweckmäßige Brücke ein paar Meter flussabwärts auszuweichen, statt sich inmitten des verzweifelten Modernisierungsversuchs eines jahrhundertealten, versteinerten Konstrukts zu verrennen. Wobei, damit käme man einer Versinnbildlichung der katholischen Kirche eigentlich doch ganz nah.

Dennis Forster, Regensburg

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Reformbremser

Hinter dem „Katholikentag +“ stehen nach meiner Wahrnehmung nicht nur „ein paar Zettel verteilende Frauen und Männer“ und des weiteren nicht nur einige Mitglieder von Reformgruppen, sondern die Mehrheit des Kirchenvolkes. So wartet eine Vielzahl von Katholikinnen und Katholiken bislang leider vergeblich auf eine erkennbare Umsetzung all der positiven Impulse, Ermunterungen und Reformanstöße von Papst Franziskus durch die Verantwortlichen der Deutschen Bischofskonferenz wie in den jeweiligen Diözesen.

Humorvoll betrachtet, lässt sich der Zustand der römisch-katholischen Kirche in Deutschland derzeit wohl mit „alles schläft – einer (Kardinal Marx) wacht“ beschreiben. Eine Situation, in der weiterhin nur die Glaubenswächter, Macht- und Privilegienbewahrer, Reformbremser und Geduldsmahner das Sagen haben, sind engagierte Christen leid. Sie setzen ihre Hoffnungen auf unangepasste, vom System der Herrschenden leider sogar verachtete Vor- und Querdenker wie zum Beispiel Eugen Drewermann und Professor Hans Küng, denen ein offizielles Forum konstant verweigert wird. Die von Bischof Voderholzer apostrophierte „grandiose Vielfalt“ des Katholikentages, die vorwiegend von Phrasendreschern, Wiederkäuern vermeintlich unumstößlicher Glaubenssätze und Geduldpredigern ausgebreitet wird, amüsiert nur mäßig. Von ihnen sind keine tragfähigen neuen Brücken zu erwarten. Nein, sie schaffen es noch nicht einmal, die marode und wacklig gewordenen Brücken zu restaurieren, und brechen zudem Brücken zu denen ab, die nicht kniefällig ihrer Meinung anhängen. „Mit Christus Brücken bauen“ kann kaum beim Verharren gelingen, sondern im Geist des Tabubrechers und Revolutionärs Jesus, dem jederzeit das Wohl der Menschen wichtiger war als die Besitzstandswahrung der Mächtigen.

Peter Sutor, Hannover

Bildunterschrift: Ein Fest für Christen, aber keines, das alle zufrieden stellt: Der Regensburger Katholikentag unter dem Motto „Mit Christus Brücken bauen“.

Zuletzt geändert am 05­.07.2014